7.1 Supportive Therapie mit Blut und Blutkomponenten - Erythrozyten: Transfusion von Erythrozytenkonzentraten (EK)

Autor/en: N. Ahrens, A. Salama
Letzte Änderung: 25.01.2006

Aufklärung des Patienten

Vor der Transfusion von EK müssen Patienten aufgeklärt werden und ihr Einverständnis geben. Die Dokumentation muss schriftlich erfolgen, z.B. auf einem Vordruck, der mit handschriftlichen Notizen ergänzt wird, z.B. Aufklärung über Nebenwirkungen (vgl. Tab. 7.1) und fremdblutsparende Maßnahmen. Details können durch das Qualitätssicherungshandbuch des Krankenhauses festgelegt sein.

Blutproben

Blutproben für die Immunhämatologie, je nach Labortechnik Nativblut oder EDTA-Blut, müssen dem Labor unmittelbar nach der Abnahme zur Untersuchung zugeleitet werden, um aktuelle Immunisierungen erfassen zu können. Blutproben in Gelröhrchen können meist nicht verwendet werden.

Blutgruppenauswahl

Erythrozyten werden i.d.R. ABO-gleich transfundiert.
In Ausnahmefällen, z.B. bei Konservenmangel oder um die Transfusion von D-positiven EK an D-negative Patienten zu vermeiden, können ABO-ungleiche, aber -kompatible EK (majorkompatibel) transfundiert werden (s. Tab. 7.3).

Tab. 7.3: Blutgruppenkompatible Transfusion

Blutgruppe des Patienten

Kompatible Erythrozytenkonzentrate

Kompatibles gefrorenes Frischplasma

AB

AB, A, B oder O

AB

A

A oder O

A oder AB

B

B oder O

B oder AB

O

O

O, A, B oder AB

Nach ABO-ungleicher Knochenmarktransplantation sollte die Blutgruppenauswahl der EK bis zur vollständigen Umstellung der Blutgruppe unter Berücksichtigung beider Blutgruppen (Spender und Patient) erfolgen!

Das Rhesusmerkmal D (Rhesusfaktor) sollte wegen der starken Immunogenität immer berücksichtigt werden, d.h. D-negative Patienten sollten keine D-positiven Erythrozyten erhalten. Dies gilt in besonderem Maße für Mädchen und gebärfähige Frauen. Bei diesen sollen darüber hinaus auch die Rhesusformel (CcEe) und das Kell-System berücksichtigt werden.

Wegen des Mangels an D-negativen EK lässt sich die Transfusion D-positiver EK an D-negative Patienten nicht in jedem Fall vermeiden. Neben der Dokumentation der vitalen Indikation muss sicher belegt sein, dass im Rahmen der Antikörpersuche kein Anti-D nachweisbar ist.

Patienten mit einer schwachen D-Form (D-weak) können mit D-positiven Erythrozyten versorgt werden. Patienten, die nur Teile des Antigens D exprimieren (D-partial), können Anti-D bilden und sollten daher D-negative EK erhalten [Flegel WA 1998].

Patienten, bei denen vor der Transfusion ein relevanter Antikörper nachgewiesen wurde, z.B. Anti-D oder Anti-K, müssen mit Erythrozyten transfundiert werden, die das korrespondierende Antigen nicht tragen - auch dann, wenn der Antikörpertiter im weiteren Verlauf abfällt und evtl. zum Zeitpunkt der Transfusion nicht mehr nachzuweisen ist [Daniels G 2002].

Bei potenziellen Empfängern eines Blutstammzelltransplantats ist die Gabe von EK (und Thrombozytenkonzentraten) des Transplantatspenders und von Blutsverwandten des Empfängers oder des Spenders vor der Transplantation unbedingt zu vermeiden, um eine Immunisierung gegen den Spender zu vermeiden!

Mit Ausnahme von Transfusionen in lebensbedrohlichen Situationen muss die Kompatibilität von EK und Patientenblut durch eine Kreuzprobe (serologischer Verträglichkeitstest, Majortest) vor der Gabe der EK bestätigt werden, und der Befund einer aktuellen Antikörpersuche muss im bereitstellenden Labor vorliegen. Wenn im Notfall ungekreuzte EK transfundiert werden, ist die Kreuzprobe schnellstmöglich nachzuholen.

Identitätstest

Unmittelbar vor der Transfusion ist der ABO-Identitätstest (Bedside-Test) vom transfundierenden Arzt oder unter seiner direkten Aufsicht am Empfänger vorzunehmen und das Ergebnis schriftlich zu dokumentieren. Die Bestätigung der ABO-Blutgruppe allogener EK ist fakultativ, bei Eigenblut-EK muss die ABO-Blutgruppe kontrolliert werden.

Jedes EK muss vom transfundierenden Arzt einer optischen Qualitätsprüfung unterzogen werden:

Auffällige EK dürfen nicht verwendet werden.

Transfusion

Die Transfusion erfolgt mit einem Transfusionsbesteck (DIN 58360, Filterporengröße von 170-230 µm). Mikrofilter (Porengröße von 10-40 µm) sollten nicht verwendet werden. Transfusionsbestecke sind unmittelbar nach Anbruch zu verwenden und dürfen max. für 6 Stunden in Gebrauch bleiben.

Eine Erwärmung der EK ist i.d.R. nicht erforderlich. Ausnahmen stellen Massivtransfusionen sowie Patienten mit relevanten Kälteagglutininen (Autoantikörper vom Kältetyp) oder Kälteüberempfindlichkeit dar [Iserson KV 1991].

Während der Transfusion sollten keine Infusionen über denselben venösen Zugang erfolgen. Insbesondere kalziumhaltige Lösungen (z.B. Ringer-Lösung) sind zu vermeiden, wenn mit Zitrat antikoagulierte Blutprodukte gegeben werden.

Die Transfusionsgeschwindigkeit sollte initial nicht zu schnell gewählt werden (mit Ausnahme von Notfalltransfusionen), da einige der lebensbedrohlichen Transfusionsreaktionen schon nach Transfusion weniger Milliliter auftreten. Anschließend kann eine dem Kreislauf des Patienten angepasste Geschwindigkeit gewählt werden.

Während und nach der Transfusion ist für eine geeignete Überwachung des Patienten zu sorgen. Nach der Transfusion ist das Behältnis mit dem Restblut kontaminationssicher abzuklemmen und für 24 Stunden bei 4 Grad Celsius (+/- 2 Grad Celsius) aufzubewahren.

Dokumentation

Für EK besteht eine patienten- und produktbezogene Chargendokumentationspflicht gemäß §14 Transfusionsgesetz. Die Aufzeichnungen (s. Tab. 7.4) sind für mindestens 15 Jahre aufzubewahren.

Tab. 7.4: Transfusionsdokumentation in der Patientenakte

  • Aufklärung des Patienten und Einwilligung
  • Blutgruppe und Befund der aktuellen Antikörpersuche
  • Anforderung
  • Produktbezeichnung und Präparatnummer, Hersteller, Blutgruppe des Präparats
  • Ergebnis der Kreuzprobe (nur Erythrozyten- und Granulozytenkonzentrate)
  • Ergebnis des ABO-Identitätstests
  • Anwendungsbezogene Wirkungen (z.B. Hämoglobin- und Hämatokritwert)
  • Datum und Uhrzeit der Transfusion
  • Ggf. unerwünschte Wirkungen (mit Datum und Uhrzeit)

Literaturreferenzen: