Unter dem Begriff der medikamentöser Supportivtherapie lassen sich alle Maßnahmen subsummieren, die eine Besserung des Befindens und eine Reduktion der Behandlungsnebenwirkungen zum Ziel haben, ohne direkt gegen die malignen Zellen gerichtet zu sein.
Im Kontext der Leukämietherapie lassen sich die supportiven Maßnamen orientierend in 4 Gruppen einordnen:
Therapie initial bestehender Infektionen
Wenn die Erstmanifestation der Leukämie mit Infektionen einhergeht, sind unabhängig von der kausalen Leukämietherapie eine gezielte Diagnostik und eine sofortige Therapie indiziert, die sich an den Empfehlungen zur Behandlung der febrilen Neutropenie orientiert (s. unten). Bei schweren Zeichen der Sepsis oder bei Pneumonie besteht die Frage, ob der Versuch der primären Stabilisierung mit Antiinfektiva und die erst sekundäre Einleitung der Chemotherapie nach einigen Tagen sinnvoller ist als die sofortige kombinierte antiinfektive und zytostatische Therapie. Parameter der Proliferation (Anstiegsgeschwindigkeit der Leukozyten- und Abfall der Thrombozytenzahl) sowie der intakten Resthämatopoese (Anzahl peripherer Neutrophiler, Blastenanteil im Knochenmark) mögen herangezogen werden. Eine Verbrauchskoagulopathie kann sowohl durch die akute myeloische Leukämie (AML) als auch durch ein septisches Geschehen verursacht sein und bedarf neben der symptomatischen Substitution von Gerinnungsfaktoren ggf. auch der zytostatischen Therapie. Im Extremfall ist in den genannten Situationen der Beginn einer Chemotherapie auch unter Intensivbedingungen zu rechtfertigen. Mehrere Fallserien belegen, dass die Prognose zwar eingeschränkt, aber insbesondere bei jüngeren Patienten nicht aussichtslos ist [Benoit DD 2006] [Darmon M 2005].
Therapie und Prophylaxe der Hyperurikämie
Bei hoher Proliferation und in der ersten Phase des Zellzerfalls während der ersten Woche der Induktionsphase ist mit einem Anstieg der Harnsäurekonzentration zu rechen, weshalb die Gabe von Allopurinol (300 mg einmal täglich p.o.) empfohlen wird (Cave: häufig auftretende allergische Exantheme). Auch ist während der ersten Chemotherapietage auf eine ausreichende Hydrierung zu achten. Diese erfolgt parenteral, falls der Patient nicht in der Lage ist, ausreichende Flüssigkeitsmengen oral zuzuführen. Später ist bei geringerer Leukämiezellmasse eine Gabe von Allopurinol nur noch bei individuell erhöhten Harnsäurewerten (bzw. bei Bestehen einer Gicht) erforderlich. Nur selten ist bei der AML die initiale Hyperurikämie so ausgeprägt bzw. mit einem akuten Nierenversagen vergesellschaftet, dass sich der Einsatz von Rasburicase anbietet [Bosly A 2003].
Antiemetische Therapie
Erbrechen kann akut binnen weniger Stunden nach Chemotherapie, verzögert in den nachfolgenden Tagen und antizipatorisch vor der nächsten Gabe auftreten. Diese 3 Formen unterscheiden sich in ihrer Pathogenese und sprechen auf unterschiedliche Medikamente an.
Generell gilt, dass Nausea leichter prophylaktisch als therapeutisch anzugehen ist.
Ähnlich wie in den Empfehlungen zu soliden Tumoren ist das Rückgrat der antiemetischen Therapie während der Chemotherapie der AML die Gabe von Setronen. Das emetogene Potenzial der verwendeten Zytostatika wird als moderat eingeschätzt, mit einem Risiko für Nausea und Emesis von 30-90%, das von Cytarabin in einer Dosis von <1 g/m²KOF als gering und in einer Dosierung von <100 mg/m²KOF als minimal [ASCO 2006].
Die Guidelines von ASCO und MASCC [Kris MG 2006] [Roila F 2006] gehen nicht spezifisch auf die Besonderheiten der AML-Therapie ein. Nach den Richtlinien wäre die tägliche Gabe von Dexamethason zusätzlich zum Setron zumindest an allen Therapietagen, an denen nicht nur niedrigdosiertes Cytosin-Arabinosid (<100 mg/m2KOF) gegeben wird, als indiziert anzusehen. Dies entspricht nicht überall der Praxis, da bei der mehrtätigen Gabe durchaus eine relevante Steigerung des ohnehin hohen Infektionsrisikos durch die zusätzlich Hemmung der lymphozytären Funktion befürchtet werden kann. Als Alternativen sind Aprepitant und andere antiemetisch wirkende Substanzen wie Dimenhydrinat, Levomepromazin, Alizaprid und Olanzapin verbreitet, jedoch für die mehrtätige Anwendung in diesem Kontext nicht prospektiv vergleichend untersucht.
Prophylaxe der Konjunktivitis bei Hochdosisgabe von Cytosin-Arabinosid (ARA-C)
Im Rahmen der hochdosierten ARA-C-Gabe kommt es bei Dosierungen von >1 g/m2KOF als Einzelgabe bei einem signifikanten Anteil der Patienten zu einer toxischen Reaktion im Sinne einer Konjunktivitis oder Keratitis. Als Prophylaxe hat sich bereits vor Jahrzehnten die Gabe von Kortikoidaugentropfen (alle 4-6 Stunden) etabliert [Itoh M 1999] [Lass JH 1982] [Lazarus HM 1987]. Die hierzu durchgeführten Studien entsprechen überwiegend nicht heutigen Qualitätsstandards, sodass Dosierung und Dauer der Prophylaxe nur unzureichend definiert sind. Die gelegentlich empfohlene Verdunkelung des Zimmers ist vermutlich nur bei manifester Photophobie indiziert; ob in diesem Kontext eine Phototoxizität von ARA-C besteht, ist zweifelhaft. Möglicherweise kann die zusätzliche Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika als Augentropfen, speziell Diclofenac, die Rate weiter reduzieren [Matteucci P 2006]; diese sind als Fertigprodukt verfügbar.
Bei prämenopausalen Frauen kann eine Regelblutung in der Phase der Thrombozytopenie sehr ausgeprägt und in Einzelfällen durchaus auch mit einem relevanten Blutverlust vergesellschaftet sein. Üblicherweise wird zur Menstruationsprophylaxe die Gabe eines reinen Gestagenpräparates, z.B. Lynestrenol (1- bis 2-mal 1 Tablette à 5 mg p.o.) oder Norethisteronacetat (10-25 mg/Tag) empfohlen. Jüngere Beobachtungen, überwiegend bei anderen Chemotherapieindikationen, deuten darauf hin, dass durch Gabe von Gonadotropin-Releasing-Hormon-(GnRH-)Analoga (z.B. Leuprorelin) ein stärkerer protektiver Effekt auf die Ovarialfunktion und möglicherweise eine stärkere Wirksamkeit in der Verhütung der Menorrhagie bestehen könnten [Kawano-Yamamoto C 2007] [Lhomme C 2001] [Meirow D 2006]. Durch eine Art Down-Regulation von Hypophyse und Ovar kommt es zu einer Abnahme der Zellteilungsrate und damit möglicherweise auch zu einer Reduktion der chemotherapiebedingten Zellzerstörung. Prospektive Studien zur Sicherung dieses Effekts sind derzeit in Arbeit. Das GnRH-Analogon führt durch die initiale Östrogenstimulation zu einer letzten Menstruation, bevor die Amenorrhö einsetzt. Um diese zu verhindern, kann parallel dazu über 4 Wochen als Gestagen Lynestrenol verabreicht werden; befindet sich die Patientin in der ersten Zyklushälfte, ist die Gabe von 1-mal 1 Tablette/Tag über 4 Wochen ausreichend, um die Menstruation zu verhindern. In der zweiten Zyklushälfte ist das Endometrium bereits höher aufgebaut, weshalb die Dosis verdoppelt werden sollte. Bei bereits bestehender Blutung kann nach gynäkologischer Konsultation Methylergometrin eingesetzt werden (1- bis 3-mal täglich 1 oder 2 Dragees).
Gabe von Wachstumsfaktoren
Die Gabe von Granulozyten-Kolonie-stimulierendem Faktor (Granulocyte-colony stimulating factor, G-CSF) oder von Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierendem Faktor (Granulocyte-macrophage-colony stimulating factor, GM-CSF) bei AML kann unter 3 verschiedenen Intentionen erfolgen. Neben der klassischen Indikation (analog zu den soliden Tumoren) der Verkürzung der Neutropenie besteht die Möglichkeit, unter Ausnutzung der Stimulation des malignen Klons eine vermehrte Rekrutierung in den Zellzyklus ("Priming") zu erzielen sowie für autologe Hochdosistherapien Stammzellen zu mobilisieren. Die ersten beiden Indikationen sind in mehreren randomisierten Studien geprüft, wobei in Hinblick auf übergeordnete Endpunkte (Gesamtüberleben) kein zwingender Vorteil erzielt wurde [Amadori S 2005] [Godwin JE 1998] [Lowenberg B 2003] [Stone RM 1995]. Es steht außer Frage, dass koloniestimulierende Faktoren in der Lage sind, den leukämischen Klon zur Proliferation anzuregen [Baer MR 1996], was in Hinblick auf die Gesamtprognose jedoch durch den positiven Nutzen einer geringeren infektionsbedingten Mortalität kompensiert werden kann. Die Studien mit G-CSF oder GM-CSF bei AML ergaben keinen ungünstigen Effekt auf den Krankheitsverlauf. Die Fachinformationen weisen nach wie vor auf relevante Kontraindikationen (Myelodysplasie) hin bzw. geben Warnhinweise für Subgruppen, die als unzureichend untersucht angesehen werden (sekundäre AML, De-novo-AML mit guter Zytogenetik - t(8;21), t(15;17) und inv(16) - und Alter unter 55 Jahren). Dementsprechend ist die Praxis variabel, und auch die ASCO-Guidelines [Smith TJ 2006] verweisen darauf, dass "günstige Effekte auf Endpunkte wie Dauer des stationären Aufenthaltes und die Inzidenz schwerer Infektionen (Red.: in den Studien) variabel und eher bescheiden waren", und enthalten sich einer klaren Empfehlung für oder gegen den Einsatz von koloniestimulierenden Faktoren bei AML. G-CSF zur Stimulation der Proliferation des malignen Zellklons unter Chemotherapie (Priming) wird nicht empfohlen [Smith TJ 2006].
Fieber und Infektionen
Fieber bei einem Patienten mit unkontrolliert proliferierender Leukämie oder mit Zytopenie nach zytostatischer Chemotherapie stellt einen dringend behandlungsbedürftigen onkologisch-hämatologischen Notfall dar, der eine umgehende Diagnostik und die Einleitung einer antimikrobiellen Therapie erforderlich macht. Entscheidend sind die definierte diagnostische Strategie und die schon initial breite empirische Wirksamkeit der Therapie gegenüber Erregern, die mit großer Wahrscheinlichkeit der Infektion zugrunde liegen. Diese Daten sind aus vielen Studien bekannt. Mikrobiologisch gesicherte Infektionen mit vorliegender Resistenzprüfung bestimmen erst nach Vorliegen der entsprechenden Befunde, meist erst nach einigen Tagen, das weitere Vorgehen. Bezüglich der Behandlung kann man sich an den detaillierten Empfehlungen der Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO; www.DGHO-Infektionen.de) [Link H 2006] [Link H 2003], den Guidelines des Nationalen Amerikanischen Cancer Center Network (NCCN) [Freifeld AG 2008] sowie im weiteren Verlauf an den Empfehlungen zur Therapie definierter Infektionen [Bohme A 2003] [Pappas PG 2004] [Rex JH 2000] orientieren.
Als unerklärtes Fieber (Fever of unknown origin, FUO) wird neu aufgetretenes Fieber ohne richtungweisende klinische oder mikrobiologische Infektionsbefunde gewertet: Fieber einmalig (oral gemessen), ohne erkennbare Ursache, von >/= 38,3 Grad Celsius oder von >/= 38,0 Grad Celsius für mindestens eine Stunde anhaltend oder 2-mal innerhalb von 12 Stunden auftretend; dieses Fieber muss als Infektionszeichen gewertet werden.
Als klinisch gesicherte Infektion bezeichnet man Fieber in Verbindung mit einem diagnostisch wegweisenden, lokalisierten Befund, z.B. Pneumonie oder Haut-Bindegewebe-Infektion. Mikrobiologisch gesicherte Infektionen erfordern neben dem lokalisierbaren Infektionsbefund einen Erregernachweis, der zeitlich und mikrobiologisch plausibel ist, oder den Nachweis der Infektionserreger in der Blutkultur. Bei koagulasenegativen Staphylokokken und Corynebacterium spp. ist erst der 2-malige Nachweis aus separat entnommenen Blutkulturen beweisend; bei einmaligem Nachweis muss an eine Kontamination gedacht werden.
Bei Vorliegen von Lungeninfiltraten gilt eine Infektion als mikrobiologisch gesichert, wenn folgende Erreger nachgewiesen werden:
Im Hinblick auf Pilzinfektionen wurden in Zusammenarbeit der EORTC mit der Mycoses Study Group am National Institute of Allergy and Infectious Diseases Kriterien definiert, die 3-stufig zwischen möglichen, wahrscheinlichen und sicheren Pilzinfektionen unterscheiden [Ascioglu S 2002]. Die Kriterien berücksichtigen patientenbezogene Risikofaktoren, klinische Zeichen und mikrobiologische Befunde und sind primär für Forschungsfragestellungen, nicht für klinische Entscheidungen konzipiert (und werden aus diesem Grund nicht im Detail referiert). Die Arbeitsgruppe sieht eine Aspergillusinfektion lediglich als gesichert an, wenn ein histopathologischer Nachweis erfolgen kann. Wegen der Möglichkeit der Kolonisation und möglicher falsch-positiver Befunde durch Kontamination wird der kulturelle Nachweis bestenfalls als Indiz der wahrscheinlichen Infektion angesehen. In gleicher Weise wird ein positiver Aspergillusantigentest gewertet.
Bei abdominellen Infektionssymptomen gilt im Hinblick auf Clostridium difficile der Toxinnachweis aus der Stuhlprobe als Erregersicherung. Bei anderen potenziell pathogenen Erregern erfordert dies mindestens 2 konsekutiv positive Stuhlproben. Eine venenkatheterassoziierte Infektion erfordert zur Sicherung eine positive Blutkultur und den Nachweis des gleichen Infektionserregers aus entferntem Kathetermaterial oder im Abstrich der entzündeten Einstichstelle. Für Harnwegsinfektionen ist der Nachweis pathogener Erreger in signifikanter Keimzahl, bei Wundinfektionen der Keimnachweis aus Abstrich- oder Punktionsmaterial erforderlich.
Verschiedene Ansätze einer antibiotischen Prophylaxe wurden in der Vergangenheit geprüft. Eine selektive Darmdekontamination mit nicht resorbierbaren Antibiotika wie Polymyxin oder Neomycin wurde weitgehend wieder verlassen, da ein Überlebensvorteil nicht dokumentiert ist. Die Empfehlungen hinsichtlich einer Chinolonprophylaxe sind uneinheitlicher. Eine kürzlich publizierte Metaanalyse (unter Einschluss auch von Nicht-Leukämie-Patienten) konnte einen Überlebensvorteil wahrscheinlich machen [Gafter-Gvili A 2007]. Insbesondere Levofloxacin (500 mg/Tag p.o.) zeigte in der Prophylaxe Vorteile [Bucaneve G 2005] [Cullen M 2005]; in den genannten Studien waren jedoch nur bei Bucaneve [Bucaneve G 2005] Leukämiepatienten eingeschlossen. Insbesondere Befürchtungen einer Resistenzentwicklung haben bisher weitreichende Empfehlungen für eine an sich plausible Prophylaxe verhindert [Baden LR 2005] [Freifeld AG 2006].
Hinsichtlich der Risiken einer Pilzinfektion konnte kürzlich in einer prospektiv randomisierten Studie [Cornely OA 2007] gezeigt werden, dass durch den Einsatz von Posaconazol (3-mal 200 mg/Tag) im Vergleich zu Fluconazol oder Itraconazol die Inzidenz invasiver Aspergillosen und die Frühmortalität abnehmen. Durch den Nachweis einer reduzierten Sterblichkeit in einer Studie, die ausschließlich Patienten mit AML und solche mit myelodysplastischem Syndrom während einer Chemotherapie rekrutierte, sind die Ergebnisse als hochgradig relevant anzusehen und definieren einen neuen Standard bei dieser Indikation. In der Praxis wird Voriconazol ebenfalls prophylaktisch (sekundärprophylaktisch) angewendet; größere Studien sind bisher allerdings nicht publiziert. Eine große Prophylaxestudie im Transplantationsbereich konnte eine Reduktion der Aspergillus-Infektionen, nicht aber der Gesamtmortalität dokumentieren.
Empfehlungen zur Infektionsprophylaxe bei AML und intensiver Chemotherapie |
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Auch bei neutropenischen Patienten mit einem höheren Infektionsrisiko sollte nicht die Neutropenie allein für die Prophylaxe mit Levofloxacin ausschlaggebend sein, sondern vielmehr weitere Faktoren wie z.B. Infektionen bei vorangegangenen Therapien, frühere und bestehende Schleimhautschäden sowie eine ausgeprägte Komorbidität. Eine Routineprophylaxe mit Levofloxacin ist bei Neutropenie nicht indiziert [Baden LR 2005].
Die Empfehlungen zur antiviralen Prophylaxe sind uneinheitlich, z.T. wird wegen der Gefahr der Reaktivierung bei Herpes-simplex-Virus-positiven Patienten die Gabe von Acyclovir oder Valacyclovir empfohlen [Freifeld AG 2008]. Unklar ist, ob der gezielte Einsatz bei ersten Anzeichen einer Reaktivierung ebenso wirksam ist.
Eine Prophylaxe einer Pneumocystispneumonie wird bei Patienten mit AML nicht generell durchgeführt, da ein schwerer T-Zell-Defekt in der Regel nicht vorliegt. Gründe für eine Prophylaxe können sein:
Gegebenenfalls kann eine Prophylaxe mit 3-mal wöchentlich einer Tablette Trimethoprim-Sulfamethoxazol (160/800 mg) durchgeführt werden (alternativ auch an 2 Tagen diese Dosis morgens und abends als "Wochenendprophylaxe"). Bei Unverträglichkeit ist Dapson mit oder ohne Pyrimethamin oder eine Pentamidininhalation eine mögliche Alternative.
Zum Zeitpunkt des Therapiebeginns ist eine sorgfältige klinische Untersuchung notwendig, wobei besonders auf Haut/Schleimhäute, Atemwege, Abdomen, Eintrittsstellen zentraler oder peripherer Venenzugänge, Punktionsstellen und die Perianalregion zu achten ist. Die klinische Untersuchung sollte bei anhaltendem Fieber (mehrfach) täglich wiederholt werden. An bildgebender Diagnostik erfolgt minimal eine Röntgenuntersuchung des Thorax (2 Ebenen). Bei pulmonaler Symptomatik (v.a. bei pleuritischen Schmerzen) ist auch zu Beginn eine hochauflösende Thoraxcomputertomographie erforderlich. Bei Symptomen in der jeweiligen Region sind u.a. indiziert:
An mikrobiologischer Initialdiagnostik sind mindestens 2 separate Paare venöser Blutkulturen aus peripheren Venen für die kulturelle Untersuchung (aerob/anaerob) sofort nach Fieberanstieg, d.h. unmittelbar vor Beginn der antibiotischen Therapie, erforderlich. Bei liegendem zentralen Venenkatheter wird üblicherweise ein Paar der Blutkulturen (aerob/anaerob) aus dem Katheter und ein Paar aus einer peripheren Vene gewonnen.
An klinisch-chemischer Diagnostik ist in der Regel ein Blutbild allein wegen der Frage der Thrombozytensubstitution während der Aplasie nahezu täglich erforderlich. Üblicherweise lässt ein maschinell erstelltes Differenzialblutbild die absolute Neutrophilenzahl gut abschätzen. Die Routinelabordiagnostik beinhaltet auch die Konzentration des C-reaktiven Proteins. Bei Hinweisen auf eine Sepsis erfolgt die Bestimmung von Laktatspiegel, D-Dimeren, Quick-Wert und aktivierter partieller Thromboplastinzeit (aPTT).
Die vollständige Initialdiagnostik wird bei persistierendem Fieber jeweils nach 72-96 Stunden wiederholt. Bei persistierender Neutropenie und Fieber ist insbesondere die hochauflösende Computertomographie des Thorax (auch ohne pulmonale Symptome) obligat.
Während in anderen Kontexten der Neutropenie zwischen Niedrig- und Hochrisikopatienten unterschieden wird [Uys A 2004], kann bei einer kurativ intendierten Therapiesituation bei AML im Fall eines neutropenischen Fiebers fast immer von einer Hochrisikosituation ausgegangen werden, da Schwere und Dauer der Neutropenien ausgeprägter sind als bei der Mehrzahl anderer Chemotherapien. Der Beginn der Therapie ist empirisch bzw. kalkuliert, d.h. ein mikrobiologischer Infektionsnachweis kann nicht abgewartet werden. Die Therapie muss sofort nach Gewinnung von Blut zu Anlage von Blutkulturen begonnen werden; die Diagnostik darf den Therapiebeginn nicht verzögern. Eine bildgebende Diagnostik kann auch nach der Erstinfusion von Antibiotika noch erfolgen. Bei der Anordnung der Antibiotika ist darauf zu achten, dass für die Erstgabe nicht die üblichen Verabreichungszeiten (z.B. 8, 16 und 24 Uhr) abgewartet werden, da hieraus weitere Verzögerungen resultieren können.
Die Therapie wird in der Regel mit einer Monotherapie eingeleitet, wobei die Kombinationen aus Piperacillin und Tazobactam sowie aus Imipenem und Cilastin als Monotherapeutika gelten, da der Kombinationspartner jeweils nicht direkt antibiotisch wirksam ist. Weitere Möglichkeiten sind Ceftazidim und Cefepim. Als Alternative kann in der Kombinationstherapie ein Acylaminopenicillin oder ein Cephalosporin der Gruppe III/IV, jeweils mit einem Aminoglykosid, gegeben werden. Mögliche Substanzen und Dosierungen (bei normaler Funktion von Niere und Leber) sind in den Abbildungen 8.10 und 8.11 dargestellt.
Eine Metaanalyse aus Israel [Paul M 2003] erbrachte in der Gesamtbeurteilung leichte Vorteile einer Monotherapie, die deshalb als Behandlungsstandard für Patienten mit neutropenischem Fieber angesehen wurde. Eine mögliche Ausnahme wird von Garcia-Carbonero und Paz-Ares [Garcia-Carbonero R 2002] in einer Situation gesehen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine gramnegative Sepsis spricht, wofür die klinischen Zeichen einer Hypotension und eines extrem hohen, schnell ansteigenden Fiebers angeführt werden. Man sollte an klinischen Zeichen an dieser Stelle noch die Verbrauchskoagulopathie nennen.
Das therapeutische Ansprechen wird jeweils innerhalb von 72-96 Stunden nach Beginn oder Modifikation der antimikrobiellen Therapie (initiales Ansprechen), zum Zeitpunkt der Beendigung der antimikrobiellen Therapie (definitives Ansprechen) und nach Ablauf einer adäquaten Nachbeobachtungszeit (in der Regel 7 Tage) beurteilt. Als erfolgreich gilt die Therapie, wenn zum Zeitpunkt der Beurteilung die Körpertemperatur weniger als 38 Grad Celsius beträgt und keine relevanten klinischen Zeichen einer Infektion bestehen.
Bei fortbestehender Neutropenie sollte noch für 7 Tage weiterbehandelt werden, bei einer Neutrophilenzahl von >1000/µl kann man die Medikation frühestens 2 Tage nach Entfieberung absetzen. Auch nach Ende der antimikrobiellen Therapie ist für etwa 7 Tage ein Infektionsrezidiv oder eine Sekundärinfektion nicht selten und sollte rechtzeitig erfasst werden. Falls sich eine Therapie nicht als erfolgreich erweist, muss sowohl eine symptomadaptierte Diagnostik als auch eine empirische Therapieeskalation erfolgen. Eine "Antibiotikapause" zur kulturellen Diagnostik wird nicht empfohlen.
Eine Übersicht über die einzelnen Medikamente gibt Tabelle 8.9. Ein typischer Ablauf bei febriler Neutropenie ist in Abbildung 8.12 dargestellt.
Tab. 8.9: Medikamente und normale Tagesdosierungen für Erwachsene mit normaler Nierenfunktion (alphabetische Listung; aktuelle Zulassung und Fachinformation beachten); aus [Link H 2006] | |||||||
Substanz | Gruppe | Tagesdosis | Gabe | Anmerkung | |||
Antibiotika | |||||||
Amikacin | Aminoglykosid* | 15 mg/kgKG (max. 1,5 g/Tag für max. 10 Tage) | i.v. | Spiegelkontrollen* | |||
Amoxicillin/ Clavulansäure | Aminopenicillin/ ß-Laktamase-Inhibitor | 2-mal 1 g | p.o. | - | |||
Cefepim | Cephalosporin, Gr. IV | 2- bis 3-mal 2 g | i.v. | - | |||
Cefixim | Cephalosporin, Gr. III | 1-mal 400 mg oder 2-mal 200 mg | p.o. | - | |||
Ceftazidim | Cephalosporin, Gr. IIIb | 3-mal 2 g | i.v. | - | |||
Cefotaxim | Cephalosporin, Gr. IIIa | 3-mal 2 g | i.v. | - | |||
Ceftriaxon | Cephalosporin, Gr. IIIa | 1-mal 2 g | i.v. | - | |||
Ciprofloxacin | Chinolon | 2-mal 400 mg | i.v. | - | |||
Cotrimoxazol (Sulfamethox- azol/ Trimetho- prim, feste Kombination) | Sulfonamid/ Diamino- pyrimidin | Sulfamethoxazol: 100 mg/kgKG;Trimethoprim: 20 mg/kgKG; jeweils in 3-4 täglichen Dosen über 2-3 Wochen | i.v. | Bei Pneumocystis- pneumonie | |||
2-mal 800 mg Sulfamethoxazol plus 160 mg Trimethoprim bis 2-mal 1200 mg Sulfamethoxazol plus 240 mg Trimethoprim | p.o. oder i.v. | Normale Dosierung | |||||
Clindamycin | Lincosamid | Mäßig schwere Infektionen: 1200-1800 mg; schwere Infektionen: 2400-2700 mg; jeweils in 2-4 gleichen Dosen | i.v. | - | |||
3-mal 600 mg | p.o. | Nach i.v. Therapie | |||||
Flucloxacillin | Isoxazolyl- penicillin | 3- bis 4-mal 2 g | i.v. | - | |||
Gentamicin | Aminoglykosid* | 3-6 mg/kgKG | i.v. | Spiegelkontrollen* | |||
Imipenem/ Cilastatin | Carbapenem | 3-mal 1 g bzw. 4-mal 500 mg | i.v. | - | |||
Levofloxacin | Chinolon | 1-mal 500 mg | i.v. oder p.o. | - | |||
Linezolid | Oxazolidinon | 2-mal 600 mg | i.v. oder p.o. | - | |||
Meropenem | Carbapenem | 3-mal 1 g | i.v. | - | |||
Metronidazol | Nitroimidazol | 3-mal 500 mg | i.v. | - | |||
3-mal 400 mg | p.o. | - | |||||
Mezlocillin | Acylam | 3-mal 4-5 g oder 2-mal 10 g | i.v. | - | |||
Netilmicin | Aminoglykosid* | 4-7,5 mg/kgKG | i.v. | Spiegelkontrollen* | |||
Piperacillin | Acylam | 3- bis 4-mal 4 g | i.v. | - | |||
Piperacillin/ Tazobactam | Acylam/ ß-Laktamase-Inhibitor | 3- bis 4-mal 4,5 g | i.v. | - | |||
Teicoplanin | Glykopeptid | 1-mal 400 mg (am ersten Tag 2-mal 400 mg) | i.v. | - | |||
Tobramycin | Aminoglykosid* | 3-5 mg/kgKG | i.v. | Spiegelkontrollen* | |||
Vancomycin | Glykopeptid | 2-mal 1 g | i.v. | Spiegelkontrollen* | |||
4-mal 125 mg | p.o. | Ggf. bei Clostridium- difficile-Kolitis | |||||
Antimykotika | |||||||
Anidulafungin | Echinocandin | 200 mg als Loading dose, gefolgt von 100 mg | i.v. | - | |||
Amphotericin-B- Natriumdesoxy- cholat-Komplex (konventionell) | Polyen | 0,6-1,0 mg/kgKG | i.v. | Sehr toxisch; für den Routineeinsatz kaum noch verwendet | |||
Amphotericin-B- Lipid-Komplex | Polyen, Lipidkomplex | 5 mg/kgKG | i.v. | - | |||
Amphotericin B, liposomal | Polyen, Liposomen | Start mit 3 mg/kgKG; Dosis dann in Abhängigkeit von Grunderkrankung, klinischem Zustand und Alter des Patienten zwischen 1 und 3 mg/kgKG festlegen; 3 mg/kgKG bei Lungeninfiltraten; mindestens 5 mg/kgKG bei Zygomykosen | i.v. | - | |||
Caspofungin | Echinocandin | 70 mg; bei Patienten mit einem Gewicht unter 80 kg ab dem 2. Tag 50 mg | i.v. | - | |||
Fluconazol | Triazol | 400-800 mg | i.v. | - | |||
Itraconazol | Triazol | 2-mal 200 mg an den Tagen 1 und 2 i.v., gefolgt von 1-mal 200 mg bis mindestens Tag 5; danach Umstellung auf orale Suspension möglich (2-mal 200 mg) | i.v. oder p.o. | Orale Therapie: Spiegelkontrolle an Tag 5 (Talspiegel- plasmaprobe; angestrebter Wert: >500 ng/ml) | |||
Micafungin | Echinocandin | Ösophageale Candidiasis: 150 mg/kgKG über 1 Stunde; Prophylaxe bei Transplantation hämatopoetischer Stammzellen: 50 mg/kgKG | i.v. | - | |||
Posaconazol | Triazol | 2-mal 400 mg oder 4-mal 200 mg | p.o. | - | |||
Voriconazol | Triazol | Am ersten Tag 2-mal 6 mg/kgKG, dann 2-mal 4 mg/kgKG | i.v. | - | |||
Am ersten Tag 2-mal 400 mg, dann 2-mal 200 mg | p.o. | - | |||||
Virustatika | |||||||
Aciclovir | Nukleosid- analogon | 3-mal 10 mg/kgKG | i.v. | Therapiedauer: 5-14 Tage, je nach Indikation | |||
Ganciclovir | Nukleosid- analogon | 2-mal 5 mg/kgKG | i.v. | Therapiedauer nach klinischem Ansprechen | |||
Valganciclovir | Nukleosid- analogon | 2-mal 450 mg | p.o. | - | |||
* Spiegelbestimmungen von Aminoglykosiden und Vancomycin:
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Substanz | Spitzenspiegel [mg/l] | 8-Stunden-Spiegel [mg/l] | Talspiegel [mg/l] | ||||
Amikacin, Einmaldosierung | 45-75 | 2-15 | <5 | ||||
Amikacin, Gabe alle 8 Stunden | 20-30 | - | 5-10 | ||||
Gentamicin, Einmaldosierung | 4-10 | 1,5-6 | <1 | ||||
Gentamicin, Gabe alle 8 Stunden | 4-10 | - | <2 | ||||
Netilmicin, Einmaldosierung | 15-25 | 1-5 | <1 | ||||
Netilmicin, Gabe alle 8 Stunden | 6-10 | - | <2 | ||||
Vancomycin | 30-40 | - | 5-15 | ||||
Tobramicin, Einmaldosierung | 4-10 | 1,5-6 | <1 | ||||
Tobramicin, Gabe alle 8 Stunden | 4-10 | - | <2 |
Die Strategie bei pulmonalem Infiltrat und möglicher Pilzinfektion muss schon zu einem früheren Zeitpunkt eine antimykotische Behandlung einschließen. Die früher übliche Einteilung der Indikation zur antimykotischen Behandlung in "empirisch" (possible) oder therapeutisch (proven and probable) ist in der Einteilung nach Ascioglu [Ascioglu S 2002] unscharf enthalten.
Antibiotikatherapie bei pulmonalem Infiltrat |
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Persistierendes oder erneutes Fieber bei Regeneration der Neutrophilenzahl oder Anstieg der Cholestaseparameter begründet den Verdacht auf eine hepatolienale (oder disseminierte) Candidiasis. Die Diagnostik erfolgt mittels Abdomensonographie und falls diese negativ ausfällt auch mittels Computer- oder Magnetresonanztomographie zur Klärung der Indikation zur antimykotischen Therapie.
Finden sich in den vor Therapiebeginn angelegten Blutkulturen grampositive Erreger, methicillinsensible Staphylococcus-aureus-Stämme (MSSA) oder methicillinresistente Staphylococcus-aureus-Stämme (MRSA), wird zusätzlich Flucloxacillin nach Antibiogramm sowie ggf. auch Vancomycin, Teicoplanin und ggf. Linezolid (nach Antibiogramm) verabreicht. Die Rolle von Vancomycin in der empirischen Therapie der zweiten Linie von neutropenischem Fieber wurde durch Cometta überprüft, die im Vergleich zu Placebo keine spezifischen Vorteile fanden [Cometta A 2003]. Neben dem Nachweis der genannten Erreger bleibt diese Eskalation speziellen klinischen Situation (z.B. Phlebitis) vorbehalten. Hinsichtlich Linezolid ergab eine randomisierte Studie im Vergleich zu Vancomycin keinen Unterschied hinsichtlich der Mortalität; lediglich in Bezug auf die Dauer bis zur Entfieberung und die Nebenwirkungen ergaben sich marginale Vorteile [Jaksic B 2006].
Die Therapie der invasiven Aspergillose muss wahrscheinlich in Abhängigkeit von Prophylaxe und Vortherapie entschieden werden. In der Regel wird primär Voriconazol eingesetzt (auch bei Infektion des Zentralnervensystems zu bevorzugen). Alternativ kann liposomales Amphotericin B gegeben werden. Sekundär stehen je nach Vortherapie Caspofungin, liposomales Amphotericin B, Amphotericin-B-Lipid-Komplex, Posaconazol und Voriconazol zur Verfügung. Bei Zygomykose muss neben der chirurgischen Sanierung der Versuch einer Therapie mit hochdosierten Lipidformulierungen von Amphotericin B (5-10 mg/kgKG/Tag) oder Posaconazol unternommen werden, Details sind Tabelle 8.10 zu entnehmen, in der typische dokumentierte Infektionen aufgelistet und die erforderlichen Modifikationen der Therapie angegeben sind.
Tab. 8.10: Diagnostische und therapeutische Strategien; Modifikationen oder Ergänzungen nach Symptomen bzw. klinischem oder mikrobiologischem Befund bei Patienten mit Neutropenie und Fieber; aus [Link H 2006] | |
Befund oder Symptom | Modifikation der Strategie |
Persistierendes oder erneutes Fieber bei Regeneration der Neutrophilenzahl oder Anstieg der Cholestaseparameter | Bei Verdacht auf hepatolienale Candidiasis sowie unauffälligem Abdomensonogramm Klärung der Indikation zur antimykotischen Therapie mittels Computer- oder Magnetresonanztomographie (s. Candidämie) |
Erregernachweis im Blut - Anlage von Kulturen vor Therapiebeginn | |
Grampositive Erreger, MSSA, MRSA | Zusätzlich Flucloxacillin nach Antibiogramm; ggf. zusätzlich Vancomycin und Teicoplanin, ggf. Linezolid (Antibiogramm) |
Koagulasenegative Staphylokokken | Vancomycin, Teicoplanin |
Gramnegative Erreger | Therapie beibehalten, wenn Patient stabil ist und Erreger sensibel sind; ansonsten Therapie nach Antibiogramm |
Candida spp. | Siehe unten |
Erreger während Antibiotikatherapie isoliert | |
Grampositive Erreger | Nach Antibiogramm |
Gramnegative Erreger | Nach Antibiogramm |
Candida spp. | |
Abhängig von Prophylaxe/Vortherapie/Erregerbefund/Antibiogramm (MHK-Bestimmung nicht abwarten) | |
Fluconazolsensibel; Patient klinisch stabil, keine Azolvortherapie | Fluconazol |
Ansonsten, insbesondere bei C. krusei und C. glabrata | Caspofungin oder liposomales Amphotericin B; bei Ansprechen und Regeneration der Neutrophilenzahl Wechsel auf Fluconazol oder Voriconazol p.o., sofern nach Antibiogramm sinnvoll; alternativ: liposomales Amphotericin B oder Amphotericin-B-Lipid-Komplex, Caspofungin oder Voriconazol, falls initial nicht gegeben |
Sepsis, septischer Schock | |
Siehe Abb. 8.10 und 8.11 bzw. Therapie nach Antibiogramm; ansonsten entsprechend üblicher Sepsistherapie | |
Respirationstrakt | |
Lungeninfiltrat bei Anstieg der Neutrophilenzahlen | Strenge Überwachung, mögliche Entzündungsreaktion bei Anstieg der Neutrophilenzahlen beachten (Cave: ARDS); gezielte bronchoalveoläre Lavage, falls nicht bereits erfolgt |
Interstitielle Pneumonie | Diagnostik: falls induziertes Sputum nicht zu gewinnen oder bronchoalveoläre Lavage nicht möglich, Gabe von hochdosiertem Trimethoprim-Sulfamethoxazol oder Pentamidin bei Verdacht auf Pneumocystispneumonie erwägen; Herpesvirusgruppe (Herpes simplex, Zytomegalie) und Legionellen bedenken |
Invasive Aspergillose | |
Abhängig von Prophylaxe/Vortherapie:
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Kopf, Augen, Ohren, Nase, Rachen | |
Nekrotisierende oder Randsaumgingivitis, Parodontitis, nekrotisierende Stomatitis | Zusätzlich spezifische anaerobierwirksame Substanzen (Clindamycin, Metronidazol, Imipenem/Cilastatin oder Meropenem) |
Bläschen oder Ulzera | Verdacht auf Herpes-simplex-Virus-Infektion;evtl. Kultur anlegen, zusätzlich empirische Aciclovirtherapie einleiten |
Nasennebenhöhlenbefund oder nasale Ulzera | Verdacht auf Pilzinfektion mit Aspergillus spp. oder Zygomykose; Biopsie!
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Gastrointestinaltrakt | |
Retrosternale Schmerzen | Verdacht auf Candida- und/oder Herpes-simplex-Virus-Infektion oder beides; bakterielle Ösophagitis möglich; spätestens nach 48 Stunden Endoskopie erwägen; primär Candidatherapie: zusätzlich Antimykotika (Fluconazol, evtl. Caspofungin, Itraconazol oder Voriconazol); bei Erfolglosigkeit der Candidatherapie und Verdacht auf Herpes auch Gabe von Aciclovir |
Akute abdominelle Schmerzen | Verdacht auf Typhlitis/Appendizitis;zusätzlich anaerobierwirksame Substanzen (Metronidazol, Clindamycin, Imipenem/Cilastatin oder Meropenem); engmaschige Überwachung, mögliche Operationsindikation (!) bei akutem Abdomen |
Diarrhöen | Verdacht auf Kolitis durch Clostridium difficile: Toxinnachweis aus dem Stuhl; Gabe von Metronidazol p.o (notfalls i.v.), bei Unwirksamkeit Gabe von Vancomycin p.o. |
Perianale Schmerzen | Zusätzlich Anaerobierwirksame Substanzen (s. oben); häufige engmaschige Überwachung wegen möglicher Operationsindikation, besonders bei Regeneration der Neutrophilenzahlen; Herpes-simplex-Virus-Infektion ebenfalls möglich |
Zentrale Venenkatheter | |
Positive Kultur für Erreger außer aeroben Sporenbildnern (Bacillus spp.) oder Candida spp. | Therapieversuch; Rotation der i.v. Gabe bei Mehrlumenkatheter |
Staphylococcus aureus (methicillin-/oxacillinempfindlich) | Katheter entfernen; Gabe von Isoxazolylpenicillin (penicillinasefestes Penicillin), z.B. Flucloxacillin, für mindestens 2 Wochen |
Staphylococcus aureus (methicillin-/oxacillinresistent) | Katheter entfernen; Therapie nach Antibiogramm (für mindestens 2 Wochen i.v.) |
Koagulasenegative Staphylokokken | Nach Antibiogramm; Vancomycin oder Teicoplanin nur bei Methicillin-/Oxacillinresistenz; Dauer 5-7 Tage |
Enterokokken | Aminopenicillin plus Aminoglykosid; bei Ampicillinresistenz Vancomycin oder Teicoplanin plus Aminoglykosid;bei Vancomycinresistenz Linezolid; Dauer: 5-7 Tage |
Corynebakterien | Nach Antibiogramm; Vancomycin oder Teicoplanin nur bei Resistenz gegen andere Antibiotika |
Positive Kultur von Bacillus spp. | Katheter entfernen, gezielte Therapie |
Escherichia coli, Klebsiella spp. und andere Enterobacteriaceae | Nach Antibiogramm, z.B. Cephalosporin der Gruppe III, Acylaminopenicillin, Imipenem/Cilastatin oder Meropenem, Chinolon |
Pseudomonas aeruginosa | Kombination von ß-Laktam-Antibiotikum mit Pseudomonasaktivität und Aminoglykosid für mindestens 2 Wochen |
Acinetobacter baumannii | Nach Antibiogramm |
Stenotrophomonas maltophilia | Nach Antibiogramm (Cotrimoxazol!) |
Candidämie | Katheter entfernen; Therapie: s. Candidämie |
Klinische Infektion der Austrittstelle | Vancomycin oder Teicoplanin |
Tunnel- oder Tascheninfektion | Katheter entfernen, Vancomycin oder Teicoplanin geben |
ARDS Adult respiratory distress syndrome;MHKminimale Hemmkonzentration;MRSA methicillinresistenter Staphylococcus aureus; methicillinsensibler Staphylococcus aureusMSSA |
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